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Atemlos in der Nacht
(Was rein gar nichts mit dem Song eines nicht näher genannten Schlagersternchens zu tun hat…)
Labrador Lars ist ein liebes Wauzi. Ein ganz lieber Hund, der seinem Frauchen viel Freude bereitet.
Was vermutlich auch daran liegt, dass die beiden schon viele Jahre miteinander teilen. Im Volksmund
heißt es, dass Hund und Halter sich im Laufe der Zeit immer ähnlicher werden und so wundert es auch
nicht, dass sich im Pelz der Zwei, also in der Frisur des Frauchens und dem Fell von Fifi, mittlerweile
ein paar liebenswerte silberweiße Strähnen zeigen. Will heißen, Lars und seine Hundemama sind schon
ein paar Tage länger durchs Leben getappt, was zur Folge hat, dass sich ab und an einige Wehwehchen einstellen.
Wie bereits erwähnt hat Lars also ein großes und gutes Herz, das allerdings manchmal ein ganz klein
wenig schwächelt. Dank fortgeschrittener Tiermedizin macht das aber normalerweise keine größeren Probleme.
Regelmäßige Kontrollen und Überprüfung der Medikation sind außerdem Ehrensache. Sowohl für die Hundemama
als auch für das komplette Personal der Tierarztpraxis.
Alles im Griff also. Könnte man meinen. Wäre da nicht der Tag X gewesen, der den verantwortungsbewussten
Veterinär fast in die Verzweiflung getrieben hätte…
Irgendwann mitten in der Woche und vor allem mitten in der Nacht: Notfalltelefon! Die Nummer kennt der
Tierarzt. LARS! Der war aber doch erst am vorangegangenen Abend in der Sprechstunde. Hat Frauchen was
vergessen? Quatsch. Blödsinn. Das wäre doch beim Aufräumen der Praxis aufgefallen.
Was ist los? Hat sich der Labby verletzt?
Völlig aufgelöst meldet Frauchen: „Oh weh, oh weh, kaum waren wir zu Hause, ging es Lars ganz schlecht.
Er jault und fiept, wälzt sich auf dem Boden und ist völlig verstört. Der Arme hat ganz schreckliche
Schmerzen und ich habe gar keine Ahnung, woher die kommen könnten. Ich habe alles gemacht wie immer…“
Normalerweise rechnen Tierärzte, wenn nachts das Telefon läutet, mit Spontangeburten bei ihren Schützlingen
und ähnlichen Dingen und schalten nicht sofort in den Katastrophenmodus. Larsens Frauchen hört sich
allerdings in der Tat ziemlich besorgniserregend an und folglich wird der leidende Labby umgehend wieder
in die Praxis einbestellt. Licht an, Geräte einschalten und überlegen…
Was um alles in der Welt könnte denn da passiert sein? Alle Untersuchungsergebnisse waren wie immer.
Nichts Auffälliges. Weder im Verhalten des Vierbeiners noch in den akribisch kontrollierten Blutwerten.
Labby trifft samt Frauchen in der Praxis ein und der Tierdoktor wundert sich: „Bin ich noch nicht ganz
wach? Träum ich? Eigentlich macht der Hund doch einen ganz entspannten Eindruck?“
„Ja, komisch“, wundert sich mittlerweile auch das Frauchen. „Zu Hause dachte ich, sein letztes Stündchen
hat geschlagen und kaum waren wir im Auto, hat er sich zusehendes beruhigt. Versteh ich nicht.“ Der Vet
weiß, dass das nette Frauchen nicht zu Hysterie oder Übertreibungen neigt und ist ratlos. Erneuter
Komplettcheck von Wauzi. Alles in Ordnung. Das Tier ist tiefenentspannt und darf wieder nach Hause.
Hm, vielleicht haben ja auch Hunde ab und an Alpträume und sind dann verstört.
Grübelnd krabbelt der Doc wieder ins Bett, versucht, zum Schlaf zurückzufinden. Döst ein, um kurze
Zeit später wieder vom Telefon hochgeschreckt zu werden, und der geneigte Leser
ahnt es schon: LARS!
Am anderen Ende der Leitung weint das Frauchen: „Herr Doktor, es tut mir so leid, Sie schon wieder
zu stören. Aber es geht schon wieder los. Lars leidet, jault, fiept, versucht sich zu verstecken…“
Dem Tierarzt bricht der Schweiß aus. Er zweifelt an seiner Kompetenz. Hat er die Medikamente
verwechselt? Passt die Dosierung nicht? Hat er etwas übersehen?
Labby trifft samt Frauchen in der Praxis ein und der Tierdoktor wundert sich. Wie bereits eine Stunde
zuvor. Das Tier ist tiefenentspannt, Frauchen berichtet erneut von einer problemlosen Autofahrt.
Noch ein Check und Lars darf wieder nach Hause.
Der Doc hat sich mittlerweile von dem Gedanken verabschiedet, wieder einschlafen zu können und
wird kurze Zeit später erneut vom Telefon aus seinen Grübeleien hochgeschreckt. Sein Blutdruck
steigt zu nachtschlafender Zeit wie nach einem Marathonlauf und der Puls pocht bis zum Hals…
„Herr Doktor, Herr Doktor, bitte nicht böse sein, dass ich nochmal Anrufe. Ich fürchte, Sie können
ohnehin nicht schlafen, weil Sie doch vorhin so besorgt waren. Da dachte ich mir, ich gebe
Entwarnung, des Rätsels Lösung ist gefunden…“
Wie wir wissen, ist nicht nur Lars den Welpenschuhen entwachsen sondern auch die Hundemama nicht
mehr im Teenageralter. Und da hört Frau ja manchmal nicht mehr so ganz gut und ist auf kleine
technische Hilfsmittelchen angewiesen, die abends auf dem Nachttischchen abgelegt werden…
Und so kam es, dass sich aufgrund schwächelnder Batterien mitten in der Nacht der Rauchmelder
bösartig bemerkbar gemacht und den armen Hund in Angst und Schrecken versetzt hatte, was
Frauchen leider nicht hören konnte.
Für den dritten Anruf in jener Nacht war der treusorgende Tierarzt dann auch richtig, richtig dankbar…